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Europäische Audiovisuelle Informationsstelle veröffentlicht neuen IRIS Extra Bericht
Sanktionsrecht gegen russische und belarussische audiovisuelle Medien

Zum Download „Sanction law against Russian and Belarusian audiovisual media” geht's hier

[nur auf Englisch verfügbar]

Zum ersten Mal in der modernen Geschichte Europas werden Wirtschaftssanktionen gegen Medienunternehmen oder -akteure eingesetzt, um ausländischer Propaganda und Desinformation entgegenzuwirken. Dieser Krieg ist auch ein Krieg des Herzens und des Verstandes, und die Medien sind Teil des Schlachtfelds. Doch welche Rechtsgrundlage gibt es in Europa für diese Sanktionen? Welche rechtlichen Instrumente ermöglichten es der Ukraine und anderen osteuropäischen Ländern, noch vor der umfassenden Aggression, die am 24. Februar 2022 in der Ukraine begann, Sanktionen gegen Sendungen russischer und belarussischer Medien zu verhängen? Dieser aktuelle IRIS Extra Bericht der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle - Sanction law against Russian and Belarusian audiovisual media (nur auf Englisch verfügbar) - beleuchtet den rechtlichen Hintergrund dieser Fragen.

Der Autor Andrei Richter von der Comenius-Universität in Bratislava eröffnet das erste Kapitel dieses neuen Berichts mit einer allgemeinen Einführung in die Nutzung russischer Medien als Kanäle für die Einflussnahme über nationale Grenzen hinaus, insbesondere nach der Annexion der Krim 2014. Rund 30 Millionen russischsprachige EU-Bürger und noch viel mehr russischsprachige Menschen in den Nachbarländern werden vom Kreml seit langem als „Landsleute“ betrachtet und daher mit russischsprachigen Sendungen aus Moskau versorgt. Darüber hinaus baut Russland seit 2005 seinen wichtigen weltweiten Dienst „Russia Today“ aus. Für RT und Sputnik werden mittlerweile rund 630 Millionen US-Dollar an russischen Staatsmitteln aufgewendet (das ist 16-mal mehr als die staatlichen Ausgaben für das russische öffentlich-rechtliche Fernsehen). Außerdem soll das staatliche belarussische Fernsehen von russischer Propaganda infiltriert sein.

Kapitel zwei und drei befassen sich mit den nationalen Sanktionen, die die Ukraine, Moldau und die baltischen Staaten gegen russische und belarussische Medien verhängt haben, sowie mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den einschlägigen EU-weiten Sanktionen.

Der russische Einmarsch in der Ukraine im Februar dieses Jahres führte offenkundig zu schnellen Gegenreaktionen in Bezug auf russische Mediendienste. Im Juni 2022 wurde das ukrainische Gesetz „Zum Verbot der Propaganda des totalitären russischen Naziregimes“ in Kraft gesetzt. Im Grunde ist es ein Generalverbot jedweder Informationen, die „den kriminellen Charakter der Aktivitäten der Russischen Föderation unterstützen oder rechtfertigen“. Da Feindseligkeiten jedoch bereits seit 2014 bestanden, hatte die ukrainische Mediengesetzgebung bereits proaktiv begonnen, Schutz vor aggressiven russischen Medien aufzubauen. 2014 ermöglichte es ukrainische Gesetzgebung, vorhandene Lizenzen außer Kraft zu setzen und die Nutzung von Funkfrequenzen oder Telekommunikationsnetzen durch Medien zu verbieten, die sich gegen die nationale Sicherheit, Souveränität oder territoriale Integrität der Ukraine richteten. Dadurch war es bereits möglich, alle Medien zum Schweigen zu bringen, die zu Hass oder Aggression gegen die Ukraine und ihr Volk aufriefen. 2015 begann die Ukraine dann, das Europäische Übereinkommen des Europarats über grenzüberschreitendes Fernsehen (ECTT) als Rechtsgrundlage dafür zu nutzen, was innerhalb der Landesgrenzen gesendet werden darf. Dieser Schritt führte 2017 zur Aussetzung der Weiterverbreitung von 74 russischen Sendern, da sie „die ECTT-Standards nicht erfüllten“. Ein weiterer wichtiger Schritt war 2015 die Entscheidung der Ukraine, Russland formell als „Aggressorstaat“ einzustufen. Dies ermöglichte die Einführung weiterer Rechtsvorschriften zum Verbot audiovisueller Programme, die „Institutionen des Aggressorstaates popularisieren“ oder „die rechtswidrige Besetzung ukrainischer Gebiete rechtfertigen oder legitimieren“. Der Autor beschreibt umfassend die immer höheren rechtlichen Barrieren, die die Ukraine gegen russische Medienangriffe errichtet.

Im Hinblick auf Moldau stellt der Autor fest, dass noch 2020 35 % der Bevölkerung den verfügbaren russischen Medien vertrauten. Da jedoch weder Russland noch Belarus das ECTT ratifiziert haben, stellt die Entscheidung der Republik Moldau von 2022, nur audiovisuelle Inhalte zum aktuellen Zeitgeschehen aus der EU, den USA und Kanada sowie aus Ländern, die das ECTT ratifiziert haben, zuzulassen, praktisch ein wirksames Verbot aller Inhalte aus den beiden erstgenannten Ländern dar.

Im Zusammenhang mit den baltischen Staaten verweist der Autor auf spezifische Wirtschaftssanktionen gegen den russischen Medienmanager und Fernsehmoderator Dmitri Kisseljow wegen seiner offenen Unterstützung des Einsatzes russischer Streitkräfte in der Ukraine. Diese von Estland und Lettland verhängten Sanktionen gegen eine „gelistete Person“ ermöglichten es diesen Ländern, zusätzlich bestimmte von Kisseljow kontrollierte Medienunternehmen zu sanktionieren. In Estland zum Beispiel zwangen die Sanktionen gegen Kisseljow das staatliche russische Medienportal Sputnik, im November 2021 sein Büro in Tallinn zu schließen.

Nach Ansicht des Autors Andrei Richter hatte die Ukraine zwischen 2014 und 2020 bereits einen wirksamen Sanktionsmechanismus entwickelt, um Propaganda und Desinformation entgegenzuwirken. Dieser Mechanismus bestand einfach darin, alle Nachrichten aus einer gegnerischen Quelle durch neue Rechtsvorschriften zu stoppen. Richter kommt zu dem Schluss, dass dieses erfolgreiche Modell mit gewissen Modifikationen von anderen osteuropäischen Ländern sowie von der EU insgesamt übernommen wurde.

Strassburg 17. November 2022
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