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Journalisten leben derzeit gefährlich - sogar in Europa. Der investigative Journalist Ján Kuciak, der über Fälle von Steuerbetrug in der Slowakischen Republik schrieb, und seine Verlobte wurden letztes Wochenende in ihrer Wohnung erschossen. Kuciak arbeitete für das Nachrichtenportal Aktuality.sk. Schätzungen zufolge sitzen in den Mitgliedstaaten des Europarats 125 Journalisten im Gefängnis. Es ist höchste Zeit, sich daran zu erinnern, dass die nationalen Gesetze in Europa Bestimmungen enthalten, die Journalisten und ihre Arbeit schützen: das sog. „Medienprivileg“. Die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, eine Einrichtung des Europarats in Straßburg, hat gerade eine Studie veröffentlicht, in der der Schutz des Medienprivilegs für Journalisten aufgrund nationaler Gesetze in Europa analysiert wird. Dieser neue Bericht mit dem Titel „Journalismus und Medienprivileg“ kann hier kostenlos heruntergeladen werden. Er wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut für Europäisches Medienrecht e.V. (EMR) in Saarbrücken erstellt.
Die Autoren stellen im ersten von drei Abschnitten die allgemeinen Rahmenbedingungen für Journalismus und Medienprivileg in Europa dar. Der Bericht zeigt die historische Entwicklung des Journalismus seit dem siebzehnten Jahrhundert, als durch den Buchdruck eine Entwicklung in Gang kam, die zur Massenkommunikation führte; parallel dazu entstanden journalistische Normen. In diesem Teil des Berichts wird ferner die europäische Rechtsgrundlage für das Medienprivileg analysiert, wobei auf politische und wirtschaftliche Aspekte dieser Rechte eingegangen wird. Journalistische Privilegien kollidieren zwangsläufig mit anderen Rechten, die ebenfalls gesetzlich verankert sind. Es werden die jüngsten Datenschutzreglungen bzw. Ausnahmen vom Urheberrecht im Lichte möglicher Konflikte mit dem Medienprivileg dargestellt.
Der Schwerpunkt des zweiten Teils des neuen Berichts liegt auf neun europäischen Ländern, zu denen u.a. das Vereinigte Königreich, Frankreich, Deutschland, Russland und die Türkei gehören. In Länderberichten wird der Umfang des Medienprivilegs nach den jeweils. im Land geltenden Gesetzen dargestellt. In den einzelnen Länderkapiteln wird auf wichtige, für die Medien relevante Entscheidungen von Gerichten eingegangen.
Im dritten und letzten Teil des Berichts laufen die verschiedenen länderbezogenen Analysestränge zusammen, und es wird ein guter Überblick über aktuelle Trends im Hinblick auf das Medienprivileg und die journalistische Freiheit vermittelt. Die wichtigste Entwicklung der letzten Jahrzehnte war das Wachstum des offenen Journalismus - in Form von Bloggen und der Nutzung sozialer Medien -, der eine besondere Herausforderung darstellt. Die Verfasser kommen zu dem Ergebnis, dass „das Medienprivileg in europäischen Staaten [...] vor diesem Hintergrund ein Instrument des Schutzes journalistischer Freiheit im Wandel“ ist. Ein kurzer Blick in die Glaskugel zeigt, dass die größte Herausforderung tatsächlich in der Nutzung künstlicher Intelligenz in den Medien liegen kann. Der sogenannte „Roboterjournalismus“, bei dem nicht Menschen, sondern Maschinen anhand von Algorithmen Texte schreiben, wirft ernsthafte Fragen im Hinblick auf den Grundsatz eines uneingeschränkten Medienprivilegs auf, denn - so die Schlussfolgerung des Berichts - „in dieser journalistischen Gestaltungsform besteht kein menschliches Gleichgewicht zwischen journalistischer Rechercheleistung und Auswirkungen auf Persönlichkeitsrechte mehr“.
Journalismus und Medienprivileg - Erfahren Sie, wie Europa Journalisten und ihre Arbeit schützt!