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Die Zahlen in dieser Pressemitteilung stammen aus der Ausgabe 2022 von FOCUS - World Film Market Trends, einem Bericht, der jedes Jahr für den Marché du Film erstellt wird. Journalisten können ein PDF-Presseexemplar unter [email protected] anfordern. FOCUS ist als kostenloses Druckexemplar für alle Marché-Teilnehmer in der Marché-Geschäftsstelle im Palais (Ebene -1, Gang 11) erhältlich. Der Bericht ist auch online für alle Marché-Teilnehmer auf der Online-Plattform kostenlos. Er kann nach dem Marché in der Buchhandlung des Europarates erworben werden.
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Zuschauerzahlen in der EU und im Vereinigten Königreich 2021 um 31,5 % gestiegen
2021 war ein weiteres schwieriges Jahr für den Kinobetrieb in Europa. Mehrere Faktoren wie die anhaltenden Schließungen von Kinos, insbesondere in der ersten Jahreshälfte, die negativen Auswirkungen der Zuschauerbeschränkungen, die mögliche Zurückhaltung beim Publikum, wieder in die Kinos zu kommen, die Rückkehr von Blockbustern aus US-Studios und die unterschiedliche Stärke lokaler Filme trugen dazu bei, dass die europäischen Kinomärkte bei der Rückkehr auf Vor-Pandemie-Niveau nur langsame Fortschritte machten. Die Zahl der Kinobesucher in der EU und im Vereinigten Königreich stieg um 31,5 % von 299 Mio. 2020 auf 394 Mio. 2021. Dies sind jedoch lediglich 40 % des durchschnittlichen Zuschauerstands vor der Pandemie zwischen 2017 und 2019. Auch das Bruttoeinspielergebnis (GBO) stieg um 38,2 % von EUR 2,1 Mrd. auf geschätzte EUR 2,9 Mrd., was nur 42 % des Einspielergebnisses vor der Pandemie entspricht.
Zwischen den einzelnen europäischen Märkten gab es erhebliche Unterschiede in der Entwicklung der Einspielergebnisse, die natürlich vor dem Hintergrund zu interpretieren sind, wie stark die Einbrüche in den einzelnen Märkten 2020 jeweils waren und wie Kinos jeweils schließen mussten. In 17 der 27 Länder (26 EU-Mitgliedstaaten und Vereinigtes Königreich), für die Daten für 2021 vorlagen, stiegen die Gesamtbesucherzahlen 2021, in acht Ländern gingen sie zurück und in zwei Ländern stagnierten sie. Der stärkste Anstieg gegenüber dem Vorjahr wurde in Bulgarien (+91 %), Kroatien (+77 %), dem Vereinigten Königreich (+68 %), Zypern (+57 %), Irland (+56 %), Polen (+55 %), Spanien (+53 %) und Rumänien (+53 %) verzeichnet. Dagegen gingen die Zahlen vor allem in Estland (-23 %), den Niederlanden (-15 %), der Slowakei (-14 %), Litauen (-13 %), Italien (-12 %) und Finnland (-11 %) zurück.
Außerhalb der EU und des Vereinigten Königreichs verzeichneten die Kinomärkte in Bosnien-Herzegowina (+186 %), Montenegro (+125 %), der Russischen Föderation (+64 %) und Island (+51 %) im Jahresvergleich ein starkes Wachstum. In der Türkei hingegen sank die Zahl der Kinobesucher weiter um 28 % und erreichte damit den niedrigsten Stand in der jüngeren Geschichte.
Keine Zeit zu sterben und Spider Man: No Way Home führten 2021 die Kinocharts in Europa-28 an
Titel aus US-Studios kehrten 2021 in die europäischen Kinos zurück und stellten nach Zuschauerzahlen alle Top-20-Titel. Zwei Filme ragten heraus: Keine Zeit zu sterben (GB INC / US) führte die Charts an und war der einzige Film, der in der EU und im Vereinigten Königreich mehr als 30 Mio. Eintrittskarten verkaufte. Es folgte Spider Man: No Way Home (US) mit 27 Mio. verkauften Eintrittskarten 2021. Drei weitere Filme konnten mehr als 10 Mio. Eintrittskarten verkaufen: Dune (US; 14,3 Mio.), Fast and Furious 9 (US; 12,1 Mio.) und Venom: Let There Be Carnage (US; 10,5 Mio.). Im Vergleich zu 18 Filmen im Jahr 2019 haben demnach 2021 insgesamt fünf Filme mehr als 10 Mio. Eintrittskarten verkauft. Franchise-Filme dominierten einmal mehr die europäischen Kinokassen: 17 der 20 erfolgreichsten Filme waren Fortsetzungen, Prequels, Spin-offs oder Neuverfilmungen, im Vergleich zu nur sieben im Jahr 2020 und 18 im Jahr 2019. Abgesehen von der EUR inc-Produktion Keine Zeit zu sterben („EUR inc“ sind in Europa produzierte Filme mit US-Beteiligung) war kein europäischer Film unter den Top 20 vertreten. Die französische Komödie Kaamelott - Premier volet war mit 2,8 Mio. verkauften Eintrittskarten der erfolgreichste europäische Film, vor dem Psychodrama The Father (GB/FR; 2,4 Mio.) und dem französischen Krimi BAC Nord – Bollwerk gegen das Verbrechen (2,2 Mio.).
Europäischer Marktanteil wieder auf 26,5% gesunken
Während europäische Filme 2020 von der Abwesenheit US-amerikanischer Blockbuster profitierten, stiegen die Besucherzahlen 2021 vor allem wieder wegen der Rückkehr solcher Blockbuster. Für US-Filme wurden 2021 geschätzt 230 Mio. Eintrittskarten verkauft, 82 Mio. mehr als 2020, während die Zahl der Zuschauer europäischer Filme von geschätzten 118 Mio. 2020 auf 104 Mio. 2021 zurückging. Im Vergleich dazu wurden vor der Pandemie durchschnittlich 644 Mio. Eintrittskarten für US-amerikanische und 271 Mio. für europäische Filme verkauft. Der Marktanteil europäischer Filme sank daher von seinem außergewöhnlichen Rekordhoch von 39,5 % im Jahr 2020 auf 26,5 %, was durchaus im normalen Bereich liegt. Der Marktanteil der US-Produktionen hingegen stieg von seinem Rekordtief von 49,5 % im Jahr 2020 auf 58,6 %, was immer noch unter dem Niveau vor der Pandemie liegt, während europäische Filme mit Investitionen von US-Studios, angeführt von Keine Zeit zu sterben (GB inc /US), und Filme aus dem Rest der Welt überdurchschnittliche Marktanteile von 9,3 % beziehungsweise 5,7 % erzielten.
Nachdem der Marktanteil nationaler Filme 2020 in mehreren europäischen Ländern außergewöhnliche Rekordwerte erreicht hatte, ging er in den meisten europäischen Märkten wieder zurück, blieb in einigen von ihnen jedoch hoch. Innerhalb von Europa-28 ragten vier Länder in Bezug auf den nationalen Marktanteil heraus: das Vereinigte Königreich und die Tschechische Republik, die mit 42 % der Gesamtbesucherzahlen den höchsten nationalen Marktanteil verzeichneten, knapp vor Dänemark und Frankreich (beide 41 %). Außerhalb der EU sank der nationale Marktanteil der Türkei von 80 % 2020 auf 23 %, den niedrigsten Stand in der jüngeren Geschichte. Mit 30 % verzeichnete Norwegen vor Russland (27%) den höchsten nationalen Marktanteil außerhalb von Europa-28.
Filmproduktion in der EU und im Vereinigten Königreich wieder auf Vor-Pandemie-Niveau
Die Filmproduktion, die aufgrund der überall in Europa verhängten Lockdown-Maßnahmen im März 2020 vergleichsweise kurz zum Stillstand gekommen war, brach nicht in gleicher Weise ein wie die Einspielergebnisse; sie scheint sich mit insgesamt 1.836 in der EU und im Vereinigten Königreich 2021 produzierten Spielfilmen - 426 mehr als 2020 (+30 %) - wieder vollständig erholt zu haben. Dieses Produktionsniveau liegt zwar unter dem Rekordwert von 2.018 Spielfilmproduktionen 2019, ist aber der dritthöchste in der jüngeren Geschichte verzeichnete Wert.
Die Trends gehen zwischen den einzelnen Ländern weit auseinander, auch aufgrund unterschiedlicher Methoden bei der Zählung von Produktionen: In den Märkten, in denen die Filmproduktion an den tatsächlich veröffentlichten Filmen gemessen wird, hatte die Schließung von Kinos eine unmittelbare negative Auswirkung auf die Filmproduktion, und die Zahlen für 2021 blieben immer noch deutlich hinter denen vor der Pandemie zurück. In Märkten, in denen die Filmproduktion zum Beispiel anhand der Zahl der Filme gemessen wird, zu denen die Dreharbeiten begonnen haben, die öffentliche Mittel erhalten oder die zertifiziert werden, lag die Produktionstätigkeit 2021 häufig über Vor-Pandemie-Niveau. Es stellt sich die Frage, ob dieser Anstieg der Produktionstätigkeit tatsächlich auf eine nachhaltige Rückkehr zu früheren Produktionsniveaus hindeutet oder ob es sich lediglich um einen Nachholeffekt 2021 bei Filmen handelt, deren Produktion während der Krise unterbrochen oder gestoppt wurde, und somit um ein Niveau, das nicht von Dauer sein wird, solange die Kinos nicht zu ihren üblichen Zuschauerzahlen zurückgekehrt sind.
Ausführlichere Informationen zu den einzelnen europäischen sowie internationalen Kinomärkten finden Sie im FOCUS 2022 World Film Market Trends, der von der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle für den Cannes Film Markt veröffentlicht wird.
Redaktionshinweise:
- Die Daten wurden in Zusammenarbeit mit dem EFARNNetzwerk (European Film Agency Research Network) erhoben.
- Alle Zahlen für 2021 sind vorläufig.
Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, Europarat
Seit ihrer Gründung im Dezember 1992 besteht der Auftrag der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle darin, Informationen zur audiovisuellen Industrie in Europa zu erheben und zu verbreiten. Die Informationsstelle umfasst als europäische öffentlich-rechtliche Organisation 40 Mitgliedsstaaten und die Europäische Union, vertreten durch die Europäische Kommission. Sie agiert innerhalb des Rechtsrahmens des Europarats und arbeitet mit diversen Partnern, Berufsverbänden der Industrie und einem Korrespondentennetzwerk zusammen. Neben Beiträgen zu Konferenzen veröffentlicht die Informationsstelle in erster Linie ein Jahrbuch, Newsletter und Berichte. Hinzu kommen der Aufbau und die Pflege verschiedener Datenbanken sowie die Bereitstellung von Informationen auf ihren Internetseiten.
Ranking der Kinobesucherzahlen in der Europäischen Union (Tabellen 2 und 3)
Das gesamteuropäische Filmranking in den Tabellen 2 und 3 basiert auf Daten aus den Staaten der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich, zu denen Ergebnisse in der Datenbank LUMIERE mit Stand vom 25. April 2022 erfasst waren. Diese Datenbank der Kinobesucherzahlen für Filme, die in Europa angelaufen sind, ist kostenlos online zugänglich. Sie ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle und mehreren nationalen Fachquellen, in erster Linie nationalen Filmfonds, sowie dem MEDIA-Programm der Europäischen Union. LUMIERE enthält Kinobesucherzahlen nach Ländern für über 60.000 Filme, die seit 1996 in Europa im Verleih sind. Für 2021 liegen nun Teildaten für 34 europäische Länder vor.
Marktanteile (Tabelle 4)
Die abgebildeten Marktanteile basieren auf einer Auswertung der Ergebnisse von Filmen, die in Mitgliedstaaten der Europäischen Union und im Vereinigten Königreich angelaufen sind, sofern der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle entsprechende Besucherzahlen zugänglich gemacht wurden. Um derartige Marktanteile berechnen zu können, muss jeder Film einem einzelnen „Ursprungsland“ zugeordnet werden, was bei internationalen Koproduktionen bisweilen schwierig sein kann. In solchen Fällen versucht die Informationsstelle, das Land mit dem größten finanziellen Beitrag und/oder kreativen Einfluss auf das Projekt als Ursprungsland zu definieren. Die Informationsstelle weist seit 2005 Filme bei der Zuordnung des Ursprungslandes gesondert aus, die in einem oder mehreren Ländern Europas (oder anderswo) mit finanzieller Beteiligung aus den USA produziert wurden (durch den Zusatz ‚inc‘ für „incoming investment“). Es ist allerdings zu beachten, dass die nachträgliche Verfügbarkeit weiterer Informationen bisweilen zu einer Neuzuordnung des Ursprungslands führen kann und dass der in der Datenbank LUMIERE angegebene Ursprung nicht immer mit den Angaben nationaler Quellen übereinstimmen muss.
Die in Tabelle 4 dargestellten vorläufigen Marktanteile in Europa 28, das heißt in der Europäischen Union und im Vereinigten Königreich, im Jahr 2021 basieren auf den Besucherzahlen der einzelnen Filme, die in der Datenbank LUMIERE mit Stand vom 25. April 2022 erfasst waren. Zu diesem Zeitpunkt waren hiermit rund 97 % der Kinobesuche in 26 EU-Staaten und im Vereinigten Königreich abgedeckt, für die Daten verfügbar waren. Auf Grund einiger Lücken in der Erfassung und Bereitstellung der Daten in verschiedenen Ländern ist eine 100%ige Abdeckung der Besucherzahlen derzeit nicht möglich.
Anzahl der in der Europäischen Union produzierten Kinofilme (Tabelle 5)
Eine Abschätzung der Gesamtzahl der in der EU produzierten Kinofilme ist immer noch schwierig. Gründe hierfür sind im Wesentlichen zum einen das Risiko, dass Koproduktionen doppelt gezählt werden, und zum anderen die national unterschiedlichen Verfahren bei der Erfassung dieser Daten. In der Gesamtzahl für die Europäische Union werden abendfüllende Kinofilme berücksichtigt, nicht jedoch Koproduktionen mit Minderheitsbeteiligung sowie US-amerikanische und ausländische Koproduktionen im Vereinigten Königreich. Für einige Länder sind keine separaten Datensätze für Spielfilme und Dokumentarfilme verfügbar.