Zurück Wie ist der aktuelle Stand der Videospieleindustrie in Europa? 

Die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle veröffentlicht ihren allerersten Bericht über die Videospieleindustrie in Europa!
Wie ist der aktuelle Stand der Videospieleindustrie in Europa? 

"Rechtliche Herausforderungen und Marktdynamik in der Videospielbranche" hier herunterladen

 

Wie ist der aktuelle Stand der Videospieleindustrie in Europa? 


Die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, Teil des Europarats in Straßburg, hat ihren jüngsten Bericht "Rechtliche Herausforderungen und Marktdynamik in der Videospielbranche" veröffentlicht.  Dies ist das erste Mal, dass die Informationsstelle sich mit der Gaming-Industrie befasst hat, und das Ergebnis ist ein ebenso umfassender  wie detaillierter Überblick über den aktuellen Stand der Rechts- und Marktlandschaft in Europa.

Die Autoren dieses Berichts zählen zu den führenden Experten in ganz Europa. Dieser neue Bericht gibt einen Überblick über die rasante Entwicklung dieses Sektors, vom Wachstum und den technologischen Fortschritten bis zu den Regulierungsrahmen und zum Verbraucherschutz. Er befasst sich mit der Struktur der Gaming-Industrie, mit Geschäftsmodellen, dem Schutz des geistigen Eigentums und der Sicherheit der Spieler. Der Bericht besteht aus drei Hauptteilen und liefert wertvolle Einblicke in eine der dynamischsten Kreativindustrien in Europa.

Einige zentrale Erkenntnisse

Der erste Teil des Berichts (Kapitel 1–3) beginnt mit einem Kapitel über die Struktur und die Dynamik der Videospieleindustrie.

Kapitel eins zeigt, wie die Gaming-Industrie sich von einem unbedeutenden Nischenmarkt zu einer der wachstumsintensivsten Industrien mit weltweit fast 187 Milliarden USD Umsätzen jährlich entwickelt hat. Die Entwicklung  der europäischen Videospieleindustrie hat nicht nur vom technologischen Fortschritt profitiert, sondern auch von der Veränderung des Verbraucherverhaltens. Dabei spielt vor allem die Entwicklung der Mobile Games eine Rolle, die heute neben Konsolen- und Computerspielen den Videospielemarkt beherrschen. Verändert haben sich auch die Geschäftsmodelle, von dem traditionellen einmaligen Kauf eines Videospiels hin zu Free-to-play und zu Abonnement-Modellen. 

Kapitel zwei gibt einen Überblick über die strategische Bedeutung des Sektors und zeigt, welches die wichtigsten Herausforderungen für die europäische Videospieleindustrie sind. Die bedeutendsten  Videospielemärkte in Europa sind das Vereinigte Königreich, Frankreich und Deutschland. In den letzten Jahren haben sich  Schweden und Polen als wichtige neue Kreativzentren auf dem europäischen Markt etabliert. Dieses Kapitel zeigt auch, wie wichtig ein besserer Zugang zu qualifizierten Talenten ist, und gibt einen Überblick über die Risiken, die Übernahmen durch ausländische Konzerne  für den Wettbewerb in Europa mit sich bringen. Darüber hinaus bieten technologische Veränderungen und die Plattformisierung sowohl Chancen als auch Risiken für die Innovation und die Marktpräsenz.  

Kapitel drei befasst sich mit dem schwierigen Thema der Definitionen und fragt, was ein Videospiel ausmacht. Die Autorin betont, wie wichtig, aber auch wie schwierig es ist, den Begriff „Videospiele“ zu definieren, denn davon hängt ab, welcher Regulierungsrahmen für den Sektor maßgeblich ist. Sie stellt fest, dass Videospiele sich von einem physischen Produkt zu interaktiven digitalen Diensten entwickelt haben, mit drei Hauptsegmenten: Konsolenspiele, Computerspiele und einfache Mobile Games. Die Probleme bei der Definition von Videospiele können sich auch auf die Einhaltung von Rechtsvorschriften im Bereich Urheberrecht, Verbraucherschutz und KI-Vorschriften auswirken. 

 

Der zweite Teil des Berichts (Kapitel 4–6) befasst sich mit dem Schutz von Videospielen, vor allem mit den Rechten des geistigen Eigentums und der Unterstützung der Videospiele über öffentliche Förderung. 

Kapitel vier untersucht die Rechtsvorschriften der EU und die unterschiedlichen nationalen Ansätze zum Schutz von Videospielen. Der Autor befasst sich mit der komplizierten IP-Landschaft in der EU mit ihren unterschiedlichen Arten von Urheberrechtsschutz für die visuellen, Audio- und Software-Elemente, aus denen ein Videospiel besteht. Das Problem besteht darin, die Urheberrechtsansätze in den unterschiedlichen nationalen Rechtssystemen unter einen Hut zu bringen. Entscheidungen in einem Grundsatzrechtsstreit wie dem  zwischen Nintendo und  PC Box haben dazu beigetragen, mehr Klarheit in diesem Bereich zu schaffen. 

Kapitel fünf befasst sich mit Verstößen gegen das Recht auf geistiges Eigentum und gibt einen Überblick über Pirateriepraktiken, die sich negativ auf die Einnahmen der Rechteinhaber auswirken. Zum Beispiel das nicht autorisierte Kopieren und Verbreiten von Videospielen, das Klonen von Spielen oder der nicht autorisierte Weiterverkauf von Game-Keys auf dem grauen Markt. All diese Praktiken stellen erhebliche Risiken für die IP-Rechte auf dem Videospielesektor dar. Dieses Kapitel informiert  auch über die Strategien der Gaming-Industrie zur Bekämpfung dieser Praktiken, sowohl die rechtlichen als auch die technischen.  

Kapitel sechs gibt einen Überblick über die öffentliche Unterstützung des Videospielesektors und untersucht, welche europäischen Länder einen Beitrag zur Förderung der Videospieleindustrie in Form von kulturellen und finanziellen Hilfen leisten. Der Bericht weist auf die Unterschiede bei den Fördertrends in Europa hin. So setzen Frankreich und Deutschland  vor allem auf staatliche Förderung, während die nord- und osteuropäischen Länder sich stärker auf private Investitionen konzentrieren. Der Autor kommt zu dem Schluss, dass ein Förderrahmen eine wichtige Voraussetzung für das Wachstum der Gaming-Industrie und ihre globale Wettbewerbsfähigkeit ist.

 

Der dritte Teil dieses Berichts (Kapitel 7–10) befasst sich mit dem Schutz der Nutzer von Videospielen. 

Kapitel sieben befasst sich ausführlich mit dem Datenschutz. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Einhaltung der EU-Datenschutzgrundverordnung, denn Spieleentwickler sammeln und verarbeiten ungeheure Mengen personenbezogener Daten von Spielern. Probleme beim Datenschutz sind zum Beispiel, die informierte Einwilligung von Spielern zur Nutzung ihrer Daten zu erhalten und die Frage, wie ein Gleichgewicht zwischen der Datennutzung durch Gaming-Plattformen und der Respektierung der Rechte der Spieler erzielt werden kann. Cybersicherheitsprobleme und das geplante Cyberresilienz-Gesetz der EU werden ebenfalls diskutiert. In diesem Zusammenhang wird erneut die Notwendigkeit von Transparenz und Vertrauen in den Umgang mit personenbezogenen Daten betont.   

Kapitel acht untersucht den Schutz von Minderjährigen und informiert über Schutzmaßnahmen und Lösungen, die von der Gaming-Branche entwickelt wurden, wie Altersklassifizierungssysteme und Parental Control-Funktionen, die helfen können, Probleme wie Spielsucht und toxische Online-Interaktionen zu bekämpfen. Monetisierungsmethoden, einschließlich Lootboxen und Mikrotransaktionen, stellen ein erhebliches Risiko für Kinder und Jugendliche dar. Das Kapitel betont die Notwendigkeit wirksamer Schutzmaßnahmen in diesem Bereich. 

Kapitel neun konzentriert sich auf das Problem der Barrierefreiheit und Inklusion in der Gaming-Industrie. In diesem Zusammenhang spielt das Phänomen des  Game Accessibility Paradox eine Rolle, das heißt, die Abwägung zwischen Inklusion und den Herausforderungen des Gameplay. Überlegungen zu inklusivem Design betonen neben barrierefreien  Arbeitsumgebungen für behinderte Spieleentwickler die Notwendigkeit einer stärkeren Inklusivität beim Gaming-Design und den Arbeitsplätzen in der Gaming-Industrie. 

Kapitel zehn befasst sich mit dem Missbrauch von Gaming-Plattformen durch Extremisten, die Videospiele nutzen, um ihre Hass- und Gewaltbotschaften zu verbreiten. Videospiele sind eine sehr beliebte Freizeitbeschäftigung  für Kinder und Jugendliche. Daher betont dieses Kapitel die Notwendigkeit systematischer Forschung und präventiver Maßnahmen in diesem Bereich, um der Gefahr einer Radikalisierung junger Menschen durch Videospiele vorzubeugen, ohne Videospiele insgesamt zu stigmatisieren.

 

Zusammenfassend kann man feststellen, dass dieser Bericht versucht, den schwierigen Balanceakt zwischen Wachstum, Regulierung und Schutz in der europäischen Videospieleindustrie zu beschreiben. Er untersucht die komplexe Dynamik zwischen Marktzwängen, Regulierungsauflagen und den Rechten der Spieler und bietet Einblicke, die für politische Entscheidungsträger wie für Repräsentanten der Gaming-Branche und für Verbraucher unverzichtbar sind.

Strasbourg, France 8 November 2024
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