Maschinen, die selbstständig Inhalte kreieren und riesige Datenmengen verwalten: der Stoff, aus dem die Träume sind ... oder doch eher Albträume? Künstliche Intelligenz (KI) durchdringt langsam aber sicher jeden Bereich des Lebens, von der freundlichen Stimme, die uns in unseren vernetzten Wohnungen guten Morgen sagt, bis hin zu ziemlich unheimlichen Dingen. Diesen Monat wurde der berühmte südkoreanische Chatbot Lee Luda vom Netz genommen, nachdem er auf Social-Media-Plattformen spontan Hetze verbreitet hatte. Es ist Zeit für eine Bestandsaufnahme der Situation und der Regeln, die für KI aktuell gelten. Die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle hat soeben einen kostenlosen Bericht über KI speziell im Hinblick auf die audiovisuelle Industrie veröffentlicht. Was bedeutet diese neue Technologie zum Beispiel für die Film- und Fernsehproduktion, die Werbung oder die Personalisierung von Inhalten durch Algorithmen? Und was ist mit den dunkleren Themen – mit automatisch generierten „Fake News“, der Bedrohung von Medienvielfalt und Pluralismus oder mit dem Datenschutz?
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ IM AUDIOVISUELLEN SEKTOR hier herunterladen
Dieser neue Bericht beleuchtet verschiedene KI-Themen aus rechtlicher Sicht und gliedert sich in drei Teile.
Der erste Teil behandelt allgemeine Grundsatzfragen.
Kapitel eins erläutert zunächst einmal, was KI überhaupt ist, und blickt zurück auf ihre Entstehung und Entwicklung. Es behandelt den Unterschied zwischen der sogenannten „Blackbox-KI“, bei der der Entscheidungsprozess im Verborgenen stattfindet, und der erklärbaren KI („explainable artificial intelligence“, XAI), bei der die mathematischen Prozesse nachvollziehbar und analysierbar sind. Die Anwendungen von KI und XAI werden insbesondere am Beispiel von Netflix untersucht, dessen Modell und Algorithmen bestimmen, welche Inhalte uns die Plattform empfiehlt.
Kapitel zwei befasst sich mit den Fragen rund um KI und Big Data. Hier geht es um die regulatorischen Fragen zur Erfassung und Behandlung von Big Data. Wenn wir der KI als Verbraucher und Menschen privateste Details anvertrauen, wirft dies natürlich ernste Fragen auf, etwa zu Marketing und gezielten politischen Kampagnen.
Kapitel drei behandelt die Folgen der KI für die Freiheit der Meinungsäußerung in Journalismus und Nachrichtenmedien. Künstliche Intelligenz hat eindeutige Auswirkungen auf die gesamte Kette der Informationsproduktion, von der Nachrichtensammlung, wo die KI eingesetzt werden kann, um durch eine schnelle Big-Data-Analyse Trends zu erkennen (gerade in der aktuellen Pandemie), bis hin zum automatischen Verfassen von Texten. Die Verbreitung von Nachrichten über Algorithmen aufgrund des Online-Verhaltens wirft zudem ernsthafte ethische Fragen auf. Dieses Kapitel befasst sich mit den rechtlichen und ethischen Herausforderungen auf diesem Feld.
Der zweite Teil dieses Berichts behandelt spezifische Bereiche des Medienrechts und der Medienpolitik, in denen KI tiefgreifende Auswirkungen auf die Zukunft haben könnte.
Kapitel vier widmet sich der Anwendung der KI im audiovisuellen Bereich, wobei der Schwerpunkt insbesondere auf der Verbreitung und den daraus resultierenden Fragen nach dem Schutz der kulturellen Vielfalt liegt. Wie etwa wirkt sich die KI auf die Verbreitung von Online-Inhalten über VoD oder Social-Media-Plattformen aus? Wohl nie zuvor waren so viele Filme und Programme mit einem Klick verfügbar. Doch führt diese extreme inhaltliche Vielfalt auch zu mehr kultureller Vielfalt, oder sitzen wir im Gegenteil alle in der Falle unserer eigenen Algorithmen, für immer gefangen in unseren eigenen Filterblasen, die endlos „ähnliche Inhalte“ empfehlen?
Kapitel fünf befasst sich mit den urheberrechtlichen Fragen rund um maschinell erstellte Inhalte. Kann eine Maschine Rechtspersönlichkeit haben und als Urheberin und somit auch als Urheberrechtsinhaberin gelten? Sind KI-generierte Werke automatisch gemeinfrei?
Kapitel sechs analysiert die enormen Auswirkungen der KI auf die Welt der Werbung. Wenn es einen audiovisuellen Bereich gibt, der durch den KI-Einsatz völlig verändert wurde, dann ist dies gewiss die Werbung. Maschinen können jetzt intelligente Werbung erstellen: Werbung, die individuelle Verbraucherinnen und Verbraucher versteht und ihnen am richtigen Ort, zur richtigen Zeit und auf der richtigen Plattform maßgeschneiderte Inhalte zeigen kann. Diese extreme Personalisierung der Werbebotschaft ist nur möglich, weil die KI unseren individuellen Online-Fußabdruck verfolgen und diese riesige Menge an Big Data auch verarbeiten kann. Doch kann KI in der Welt der Werbung auch zum Guten eingesetzt werden, in manchen Fällen gar den Schutz und das Vertrauen der Nutzer erhöhen?
Kapitel sieben beschäftigt sich mit dem Thema Persönlichkeitsrechte und KI. Durch „Ghost Acting“ lassen sich jetzt Filme, Serien und Fernsehwerbung mit dem Bild und der Stimme von Schauspielerinnen und Schauspielern herstellen, indem der realen Person eine maschinell generierte Figur per Motion-Capture-Technologie aufgepfropft wird. Diese Technologie ermöglicht aber auch die Erstellung von „Deepfakes“: Filmen, bei denen Gesicht und Stimme einer Person über die einer anderen gelegt werden können – mit absolut überzeugenden Ergebnissen und oft zu schädlichen Zwecken. Durch diese elektronische Zauberei können wir jetzt buchstäblich jeden Menschen auf dem Bildschirm beliebige Dinge sagen oder tun lassen. Dies wirft natürlich rechtliche Probleme in Bezug auf den Datenschutz und die Rechte des geistigen Eigentums auf.
Der dritte Teil fasst die regulatorischen Herausforderungen zusammen, die sich durch KI im audiovisuellen Sektor ergeben.
Zum Abschluss dieser extrem facettenreichen Publikation stellt das achte und letzte Kapitel mögliche Ansätze für einen nachhaltigen Regulierungsrahmen für die audiovisuelle Industrie in Europa vor.