Zurück Der europäische Nachrichtenmediensektor wurde durch digitale Technologie grundlegend umgestaltet

Neue Studie zeigt Chancen, Risiken und Zukunftsperspektiven
Der europäische Nachrichtenmediensektor wurde durch digitale Technologie grundlegend umgestaltet

„Nachrichtenmedien, Pluralismus und Journalismus im digitalen Zeitalter“ hier herunterladen

 

Die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle als Teil des Europarats hat gerade einen maßgeblichen neuen Bericht veröffentlicht - Nachrichtenmedien, Pluralismus und Journalismus im digitalen Zeitalter - in dem die umwälzenden digitalen Entwicklungen untersucht werden, die den europäischen Nachrichtenmediensektor umgestalten. Auf der Grundlage von Beiträgen von zwölf renommierten Expertinnen und Experten untersucht die Studie, wie technologische Veränderungen, die Marktdynamik und sich entwickelnde rechtliche Rahmenbedingungen Journalismus und Medienpluralismus in ganz Europa neu definieren.

Der Bericht beginnt mit einer Darstellung des Wandels vom traditionellen, auf Print- und Rundfunkmedien basierenden Nachrichtensektor hin zu digitalen Ökosystemen, die von sozialen Medien, algorithmischer Kuratierung und KI-gestützten Empfehlungstools geprägt sind. Diese Innovationen haben eindeutig die Tür zu noch nie dagewesenem Zugang zu Informationen und neuen Formen der Publikumseinbindung geöffnet. Und doch schüren sie auch Fehlinformationen, isolieren uns alle in Filterblasen und vertiefen die digitale Kluft; damit verändern sie unsere tradierten Vorstellungen von Vertrauen, Zuverlässigkeit und Verantwortlichkeit.

Ein zweites Kapitel befasst sich mit dem Wandel der Marktdynamik. Der Nachrichtenmediensektor entfernt sich von traditionellen, werbebasierten Geschäftsmodellen und wendet sich plattformdominierten Märkten zu, in denen globale Technologieriesen Daten, Publikum und Einnahmeströme kontrollieren. Infolgedessen nehmen programmatische Werbung und KI-gesteuerte Redaktionstools den Verlegern immer mehr Macht. Die EU-Gesetzgebung einschließlich des Gesetzes über digitale Dienste und des Europäischen Medienfreiheitsgesetzes (EMFA) sowie die jüngsten Wettbewerbsmaßnahmen bilden einen wichtigen Teil der politischen Landschaft; sie geben Antworten auf diese Entwicklungen und veranschaulichen die Bandbreite der in Europa entstehenden Regulierungsansätze.

Medienpluralismus ist ein weiterer Schwerpunkt des Berichts. Anhand der Ergebnisse des Überwachungsmechanismus für Medienpluralismus (Media Pluralism Monitor) zeigt Kapitel 3, dass kein europäisches Land vor Risiken gefeit ist. Zu den wichtigsten Schwachstellen gehören Marktkonzentration, Dominanz von Plattformen, politische Einflussnahme und anhaltende Ungleichheiten, insbesondere bei Gleichstellung und der Repräsentation von Minderheiten. Als mögliche Gegenmittel zu diesen Risiken nennt der Bericht transparente Eigentumsverhältnisse, strenge Fusionskontrollen, eine starke Aufsicht über digitale Torwächter und solide Programme zur Medienkompetenz.

In Kapitel 4 wird das Recht der Nutzer auf Zugang zu wirklich pluralistischen und zuverlässigen Informationen ausgeführt, eine wesentliche Grundlage für freie Meinungsäußerung, faire Wahlen und eine sinnvolle öffentliche Debatte. In einem Umfeld, das zunehmend von generativer KI und Desinformation geprägt ist, müssen Bürgerinnen und Bürger nicht nur in der Lage sein, ihre Meinung zu äußern, sondern auch authentische, überprüfbare Informationen zu empfangen. In diesem Kapitel werden die zentralen rechtlichen Grundpfeiler zum Schutz der Medienfreiheit und des Medienpluralismus dargestellt: die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die EU-Charta, die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie), der EMFA und das Gesetz über digitale Dienste. Zusammen stärken diese Rahmenbedingungen die redaktionelle Unabhängigkeit, fördern unterschiedliche Standpunkte und wirken systemischen Risiken entgegen, die das öffentliche Vertrauen untergraben.

Kapitel 5 befasst sich mit dem grundsätzlichen Recht auf Zugang zu pluralistischen Meinungen. Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist die Grundlage für Medienpluralismus. Der Bericht unterstreicht angesichts von Desinformation und KI-generierten Inhalten die Notwendigkeit effizienter rechtlicher und politischer Rahmenbedingungen zum Schutz von Qualitätsjournalismus und unterschiedlichen Standpunkten.

Der duale Rahmen des EMFA mit Rechten und Pflichten für Mediendiensteanbieter wird in diesem Kapitel ebenfalls analysiert. Redaktionelle Unabhängigkeit, Transparenz der Eigentumsverhältnisse und Rechenschaftspflicht sind in diesem Zusammenhang zentrale Ziele. Der Erfolg dieses Rahmens hängt letztlich von der Einhaltung der Vorschriften durch die Mitgliedstaaten und der Zusammenarbeit zwischen Regulierungsbehörden, Medienorganisationen und der Zivilgesellschaft ab.

Kapitel 6 beleuchtet die Schutzvorkehrungen gegen politische Kontrolle der Nachrichtenmedien. Politische Einmischung ist nach wie vor ein ernstes Problem. Bedrohungen der redaktionellen Freiheit sind in ganz Europa gegenwärtig und können viele Formen annehmen, von subtilen finanziellen Zwängen und restriktiven Gesetzen bis hin zu Einschüchterung, Überwachung und SLAPP-Klagen, die Reporter zum Schweigen bringen sollen. Andauernde Schwächen in den öffentlich-rechtlichen Medien und unzureichender Schutz vor Angriffen auf Journalisten sind weiterhin zentrale Anliegen.

Kapitel 7 und 8 konzentrieren sich auf die Rechte und Pflichten sowie die Sicherheit von Journalisten. Viele Journalisten sehen sich mit prekären Arbeitsverhältnissen, schwindenden Ressourcen und zunehmenden Bedrohungen im Kontext der digitalen Transformation der Nachrichtenproduktion konfrontiert. Ihre physische, psychische, rechtliche und finanzielle Sicherheit ist trotz der bestehenden rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen auf europäischer und internationaler Ebene immer wieder in Gefahr.

Kapitel 9 befasst sich mit den besonders gefährdeten Bereichen des investigativen Sportjournalismus, der mit systemischer Unterfinanzierung, Einmischung seitens mächtiger Sportinstitutionen und begrenzter Fachausbildung zu kämpfen hat. Journalisten, die über Themen wie Korruption, Doping oder Missbrauch berichten, treffen häufig auf erhebliche Widerstände.

Kapitel 10 schließt mit einem Überblick über die Auswirkungen der künstlichen Intelligenz im Journalismus. KI bietet transformatives Potenzial und birgt gleichzeitig gesellschaftliche Risiken. KI gestaltet den Betrieb von Redaktionen um, von automatisierter Nachrichtengenerierung bis zur Bereitstellung personalisierter Inhalte. Der Bericht spricht jedoch auch Besorgnisse über automatisierte Fehlinformationen, Deepfakes und öffentliches Vertrauen an. Zu den relevanten Regulierungsmaßnahmen gehören EU-Verordnungen wie das KI-Gesetz, das Gesetz über digitale Dienste, das Gesetz über digitale Medien und der EMFA sowie ethische Richtlinien, KI-Kompetenz und interdisziplinäre Zusammenarbeit von Redaktionen.

In Summe bietet dieser neue Bericht einen aktuellen und detaillierten Wegweiser für den Umgang mit den Herausforderungen der digitalen Transformation der europäischen Nachrichtenmedien. Europa kann nur dann eine informierte Öffentlichkeit, resiliente Demokratien und ein vielfältiges Medienökosystem gewährleisten, wenn es konzertierte Anstrengungen unternimmt, um Pluralismus zu stärken, seine Journalisten zu schützen und digitale Torwächter zu regulieren.

Strassburg 18. Dezember 2025
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