„Umgang mit Zuständigkeitsfragen im europäischen audiovisuellen Recht: Strömungen und Spannungen" hier herunterladen
Die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle als Teil des Europarats in Straßburg hat gerade ihre jüngste ausführliche rechtliche Analyse veröffentlicht: „Umgang mit Zuständigkeitsfragen im europäischen audiovisuellen Recht: Strömungen und Spannungen“. Dieser neue Bericht wurde von Olivier Hermanns, Senior Analyst in der Abteilung für juristische Informationen der Informationsstelle, verfasst.
Die globale audiovisuelle Industrie durchläuft eine Phase beispiellosen digitalen Wandels und geopolitischer Verschiebungen. Parallel zu diesen Umwälzungen sind die Medienregulierungsbehörden in ganz Europa mit drängenden Fragen der territorialen Zuständigkeit und der grenzüberschreitenden Durchsetzung von Entscheidungen konfrontiert. Damit rückt die Frage der rechtlichen Zuständigkeit in der sich ständig weiterentwickelnden audiovisuellen Regulierung in den Vordergrund. Der Bericht bietet einen aktuellen Überblick über die vielen Facetten dieser Herausforderungen, wobei der Schwerpunkt stets auf konkreten Fragen liegt.
In Kapitel eins beschreibt der Autor zunächst den Kontext, in dem der Bericht angesiedelt ist. Er hebt auf die anhaltende öffentliche Debatte über Mediendiensteanbieter ab, die sich an ein Publikum in anderen Gebieten als dem Mitgliedstaat, in dem sie niedergelassen sind, wenden. Diese Debatte könnte sich auf das Herkunftslandprinzip auswirken, welches die rechtliche Zuständigkeit für einen Anbieter audiovisueller Mediendienste nach seinem Sitzland festlegt.
Hermanns geht dann zum Kapitel zwei über, das sich mit den Kriterien der territorialen Zuständigkeit befasst. Der Autor befasst sich mit den verschiedenen Ansätzen des Herkunftslandprinzips, sei es im EU-Recht oder im Übereinkommen des Europarats über das grenzüberschreitende Fernsehen, und geht auf die Besonderheiten der rechtlichen Zuständigkeit im Vereinigten Königreich nach dem Brexit ein. Der Bericht beschreibt darüber hinaus Ausnahmen vom Herkunftslandprinzip, die in Rechtsinstrumenten der EU wie dem DSA und dem EMFA zu finden sind, sowie Vorschriften des Unionsrechts, die für Anbieter mit Sitz außerhalb der EU gelten können. Dieses Kapitel schließt mit einem Überblick über jüngste Gesetzesinitiativen in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten zur Regulierung von Diensteanbietern, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind. Es beinhaltet zudem eine Fallstudie zu den Herausforderungen bei der Zuständigkeit, die aus kostenlosen werbegestützten Streaming-Fernsehangeboten (FAST-Kanäle) erwachsen.
Kapitel drei befasst sich mit Aufsichts- und Durchsetzungsmechanismen. In diesem Kapitel wird bewertet, welche Befugnisse die nationalen Regulierungsbehörden (NRB) in Europa haben, grenzüberschreitende Medienaktivitäten zu beaufsichtigen und zu sanktionieren.
In Kapitel vier wird der Rechtsrahmen für Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung zwischen den Regulierungsbehörden untersucht. Es beschreibt die institutionellen und verfahrensrechtlichen Mechanismen, die auf EU-Ebene festgelegt wurden – von der AVMD-Richtlinie über den EMFA bis hin zum KI-Gesetz – und die es den Regulierungsbehörden ermöglichen, zusammenzuarbeiten, um Zuständigkeitsüberschneidungen und grenzüberschreitende Medienbelange anzugehen. Auch die Rolle informeller Kooperationsnetze wie der Europäischen Plattform der Regulierungsbehörden (EPRA) und des neu gegründeten Europäischen Gremiums für Mediendienste wird beleuchtet.
Kapitel fünf diskutiert zukunftsorientiert die wichtigsten Herausforderungen bei der Sicherung der Empfangs- und Weiterverbreitungsfreiheit angesichts zunehmend fragmentierter Zuständigkeitsansprüche. Der Autor befasst sich mit den aufkommenden Gefahren ausländischer Einmischung und der Manipulation von Plattformen sowie mit der Notwendigkeit einer stärkeren supranationalen Governance, um diesen Risiken entgegenzuwirken.
Eine Pflichtlektüre für politische Entscheidungsträger, Regulierungsbehörden, Medienrechtler, Wissenschaftler und alle Interessenträger, die an der Governance des europäischen Medienraums beteiligt sind.