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Seit die russischen Medienmärkte seit den frühen neunziger Jahren eine Blütezeit erleben, versuchen ausländische Investoren, ein Stück von diesem immer lukrativeren Kuchen abzubekommen. Der russische Filmmarkt hat sich zu einem der dynamischsten im größeren europäischen Kontext entwickelt: Die russische Filmindustrie hat kürzlich damit begonnen, Blockbuster für das internationale Publikum zu produzieren, wobei ihre Autorenfilme ein unverändert hohes Ansehen genießen. Seit Kurzem ist die Zahl legaler VoD-Dienste in Russland buchstäblich explodiert. Die Zeit ist anscheinend reif, dass ausländische Investoren Geld in diese dynamische Medienlandschaft stecken. Wie aber sehen die russischen Behörden diese Entwicklung? Und wie hat die russische Gesetzgebung reagiert, um unerwünschten Einfluss von außen, sowohl finanzieller als auch tatsächlich politischer Art, auf die russischen Massenmedien abzuwehren? Die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle als Teil des Europarats in Straßburg hat gerade ihren aktuellen IRIS Extra Bericht „IRIS Extra 2018-1 „Der rechtliche Rahmen für ausländische Beteiligungen an russischen Medien“ veröffentlicht.
Der Verfasser Dmitry Golovanov von der Moskauer Universität beginnt seine Analysen in den frühen Neunzigern, als die Beschränkungen für ausländisches Eigentum an russischen Medien noch relativ nachgiebig waren. Dadurch stieg die Zahl ausländischer Unternehmen zum Beispiel auf dem russischen Fernsehmarkt vor allem Ende der 1990er beträchtlich.
Kapitel zwei beschäftigt sich intensiv mit der ersten Novellierungswelle zur russischen Mediengesetzgebung, mit der auf diese Situation reagiert wurde. Klarer Ausdruck des zunehmenden Widerstands gegen ausländisches Eigentum an russischen Medien war ein neues Föderationsgesetz im August 2001, welches unter anderem festlegte, welche Personen keine russischen Fernsehsender gründen dürfen.
Kapitel drei analysiert die Einführung der Kategorie „strategischer Unternehmen“, die als „von Interesse“ für die nationale Sicherheit eingestuft werden. Diese Unternehmenskategorie wurde 2001 eingeführt und führte dazu, dass jede Privatisierung oder Verkörperschaftung eines „strategischen Unternehmens“ die vorherige Zustimmung des russischen Präsidenten erfordert. Diese Maßnahme erlangte 2008 für russische Medien Bedeutung, als alle Fernseh- und Hörfunksender, die in ein Gebiet ausstrahlen, in dem mehr als die Hälfte der Bevölkerung einer bestimmten Region lebt, in diese Kategorie der „strategischen Unternehmen“ eingestuft wurden. Dazu gehörte unter anderem eine verpflichtende Meldung an die russische Kartellbehörde (FAS), sobald mindestens 5 % der Anteile eines Unternehmens in ausländische Hände fallen. Eine vorherige Genehmigung der FAS war nun auch unbedingt einzuholen, wenn mindestens 50 % der Unternehmensanteile an einen ausländischen Investor verkauft werden sollten.
Kapitel vier springt ins Jahr 2014 und zur Einführung einer bedeutenden neuen Reform zu ausländischen Investitionen in russische Medien. Dieses neue zweistufige System verbot schlicht jede ausländische Beteiligung als Gründer oder Redaktionsmitglied eines russischen Massenmediums oder eines Rundfunkunternehmens. Eine weitere Beschränkung begrenzt die mögliche Kontrolle ausländischer Teilhaber auf 20 % in beliebigen Medienunternehmen. Diese Reform von 2014 betraf zwischen 35 und 50 Prozent aller russischen Massenmedien. Aufgrund dieser neuen schärferen Maßnahmen veräußerten einige ausländische Unternehmen ihre Aktiva und zogen sich vollständig vom russischen Markt zurück. Andere wiederum verringerten einfach ihre Beteiligung an russischen Medienaktiva auf die verlangten 20 %.
Kapitel fünf betrachtet die Beschränkungen, die Medienmarktforschungsorganisationen und Videoabrufdiensten auferlegt wurden. Im Juli 2016 wurde das „Anti-TNS-Gesetz“ eingeführt, welches vorsieht, dass Marktforschung und insbesondere Zuschauermessungen ausschließlich von staatlich autorisierten Organisationen vorgenommen werden. Diese Autorisierung beinhaltet Beschränkungen zu ausländischer Kapitalbeteiligung, die mit den bereits für Medien- und Rundfunkorganisationen geltenden vergleichbar sind. Die großen Fernsehsender und Medienholdings in Russland betrieben erfolgreich die Einführung des umgangssprachlich so genannten „Anti-Netflix-Gesetzes“, um den rechtlichen Status von OTT-Diensten zu klären und ausländisches Eigentum an Abrufdiensten wirksam zu begrenzen.
Kapitel sechs beschreibt ausführlich die Einführung der Verpflichtung für Massenmedien im Dezember 2015, jegliche Eingänge ausländischer Mittel für ihre Tätigkeit zu melden, bevor das abschließende Kapitel sieben zu dem Schluss kommt, dass Russland seit Einführung der ersten Maßnahmen 2001 konsequent ein protektionistisches System errichtet hat. Der Verfasser schließt mit dem Hinweis, dass die russischen Behörden ihre Aufmerksamkeit und protektionistischen Bestrebungen nun auf Aktivitäten in Bezug auf das Internet sowie auf den grenzüberschreitenden Fluss von Inhalten und Informationen richten.